Mittelalter
Das Gebiet um Holligen wurde 1257 im Zusammenhang mit einer Mühle erstmals urkundlich erwähnt.
1257: «molendinum suum dictum Hollant in superiori Sulgen»
Der Unterlauf des Sulgenbaches von Holligen an abwärts bildete während des Mittelalters und der frühen Neuzeit mit seinen zahlreichen Mühlen ein bedeutendes Gewerbegebiet vor den Toren der Stadt Bern.
Die Entstehung und Frühzeit des Holligengutes sind wohl eng mit diesen wirtschaftlichen Funktionen des Ortes verbunden.
Zwischen 1312 und 1333 errichtete Berchtold Buweli am Weiher/See, der die Senke nordwestlich des heutigen Schlosses auffüllte, einen ersten Wohnsitz, dessen Spuren sich nicht erhalten haben – wohl ein Holzhaus.
1333: «daz gesaesse und der wiger und boumgart von Hollanden»
Wilhelm v. Diesbach – Erbauer des Schlosses
Nachdem sich die «wyerhofstatt zu Hollenden» im 14. und 15. Jahrhundert im Besitze der Familie von Krauchtal und des Franziskanerklosters in Bern befunden hatte, ging das «gut zu Hollingen» 1495 endgültig in die Hände von Schultheiss Wilhelm v. Diesbach über.
Wilhelm v. Diesbach war Spross einer Familie, die im 15. Jahrhundert den sozialen Aufstieg vom Handwerk in den Adel geschafft hatte. Die Familie war durch Handel (Diesbach-Watt-Gesellschaft), Bergwerksunternehmungen und französische Solddienstzahlungen zu Reichtum gelangt und schliesslich in die höchsten politischen Ämter aufgestiegen.
Wilhelm war bestrebt, den neu erlangten sozialen Status seiner Familie nach dem Vorbild des mittelalterlichen Adels symbolisch und kulturell, so u.a. auch baulich zu dokumentieren. So liess er um 1500 den noch heute das Kernstück der Schlossanlage bildenden Donjon nach den Vorstellungen der spätgotischen Burgenromantik erbauen.
Bei seinem Tode (1517) hinterliess Wilhelm v. Diesbach einen glänzenden, durch den Schuldenpilz innerlich ausgefaulten Besitz.
Nekrokolog auf Wilhelm v. Diesbach (†1517) von Valerius Anshelm:«also dass er uber sin unrechenlich innemen ob 20’000 gulden schuld sinen vier suenen hat gelassen, nach deren unlangen abgang alle sine hab in der schuldneren gwalt ist kommen».
Ausbauten des 16. und 17. Jahrhunderts
Finanzielle Schwierigkeiten der Erben Wilhelm v. Diesbachs zwangen zur Veräusserung des Holligengutes, in deren Folge das Schloss mehrmals die Hand wechselte.
Eine neue Konsolidierungs- und Ausbauphase setzte mit Hans Rudolf Tillier (1552-1573) und dessen Tochtermann Pauli Wyer (1573-1631) als Besitzer des Holligen-Gutes ein – allerdings schlitterte der nächste Gutsbesitzer erneut in die Verschuldung.
In die Zeit von Tillier und Wyer, auf die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts oder das frühe 17. Jahrhundert, ist die Errichtung des Treppenturmes und eines nahezu quadratischen Anbaues, des heutigen Wohntraktes, zu datieren.
Möglicherweise im gleichen Zeitraum oder unter Johann Jacob Thormann, der das Schloss 1648 von seinem Schwiegervater Abraham Wurstemberger übernommen hatte, – jedenfalls vor 1667 – fügte man diesem Anbau ein Türmchen mit einem Laubengang (Abort) bei.
Holligen als Landwirtschaftsgut
Unter Johann Rudolf Bucher wurde das Holligengut Ende der 1670er, zu Beginn der 1680er Jahre zu einem repräsentativen barocken Landsitz umgestaltet. Zugleich löste Bucher nach einer Wärmeperiode das seit länger als einem Jahrhundert bestehende Problem der Verlandung des Holligen-Weihers: Er liess ihn trockenlegen.
Der für Johann Rudolf Bucher jun. angefertigte Gutsplan (1727) zeigt neben der barocken Gartenarchitektur auch die wichtigen Wirtschaftsgebäude.
Die Familien Herport und Mutach
Nach den Schlossgutsbesitzern Johann Rudolf Bucher jun. (1719-1742), Daniel Fellenberg und der gemeinschaftlichen Verwaltung durch dessen Sohn und Schwiegersohn Johann Jacob Fellenberg und Gabriel Herport (1742-1764) ging Holligen 1764 schliesslich in den alleinigen Besitz von Herport über.
Gabriel Herport gestaltete den Donjon im barocken Stile um und liess die Allee, die im Jahre 1992 gefällt werden musste, anlegen.
Über den Schwiegersohn von Gabriel Herport gelangte Schloss Holligen 1783 in die Familie v. Mutach beziehungsweise an die gleichnamige Familienkiste.
Zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts und den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts fanden erneut wichtige Umbauten statt: Carl Ludwig v. Mutach (1794-1807) erweiterte den Westtrakt durch Ausbau des Untergeschosses der alten Abortlaube gegen Norden und den Bau eines Peristyls.
Ausbauten des 19. Jahrhunderts
Abraham Friedrich v. Mutach nahm in den Jahren 1816-19 umfassende bauliche Neuerungen vor. Sie prägen das Aussehen des Gutes bis heute.
Diese Neuerungen betrafen sowohl das Gebäude als auch die Gesamtkomposition mit einem frühen englischen Landschaftsgarten und dem Hof, wo die beiden Pavillons (Waschhaus, Familiengruft: Architekt vermutlich Johann Daniel Osterrieth) anstelle der Bewehrung errichtet wurden.
Sein Sohn, Arnold Ludwig v. Mutach, fügte schliesslich in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts hofseitig ein Treppenhaus an den Westtrakt an und baute den 2. Stock westseitig aus.
Holligen im 20. Jahrhundert
Im Gefolge von Erbteilungen und Landverkäufen im 20. Jahrhundert schrumpfte der Landanteil des Schlossgutes auf den Kernbereich des Schlosses zusammen, wobei die städtische Überbauung immer enger an den Komplex heranrückte.
Umfangreiche Renovationsarbeiten in der ersten Hälfte der 1990er Jahre belebten den teils weiterhin privaten Schlosskomplex.
Der Donjon wurde 1995 in die Turmstiftung Schloss Holligen eingebracht. Im Jahre 2010 hat die Stiftung die Aussenhaut des Turms Schloss Holligen sanft renovieren lassen.